28. April 2024
EssayRandnotizen

Zum Europatag – Für einen paneuropäischen Patriotismus [Randgedanken]

Heute ist Europatag. Oder er war es gestern. Oder am Mittwoch. Je nachdem welchen der beiden offiziellen Europatage – den basierend auf der Gründung des Europarats am 5. Mai 1949 oder den auf der Schuman-Erklärung von 9. Mai 1950 – man bevorzugt. Oder ob man eher den deutschen Sonderweg einschlägt, und die Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai 1945 als Europatag feiert.

Es herrscht allerdings nicht nur beim Datum des eigenen Feiertags Uneinigkeit innerhalb unserer Europäischen Union, diesem heterogenen Verbund aus europäischen Völkern und Staaten, Justizsystemen, Bürokratien und Zukunftsvorstellungen. Diese Uneinigkeit wurde in den vergangenen Jahren nicht gerade gemildert – sei es durch die Eurokrise, die Migrationskrise, den Populismus, ober jüngst eben von den vielen Fehlern bei der Reaktion auf die Coronapandemie und bei der Impfstoffbesorgung unter der Ägide der vermutlich so korrupten wie inkompetenten Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Vermutlich korrupt, weil sie zum Beispiel die Beweismittel wie Handydaten im Zuge der Berateraffäre selbst vernichtete – ein Monat nachdem diese vom Untersuchungsausschuss zu Beweismitteln erklärt worden waren.

Es gibt so einige Probleme mit der Europäischen Union. Probleme, die sowohl struktureller als auch personeller Natur sind, Probleme, denen ich bereits so einige Teile meiner theoretischen und literarischen Schriften widmete. Sei es, als ich mich als Redakteur am Kleinen 1×1 der Europawahlen beteiligte, Europa zum zentralen Thema der von mir als Chefredakteur herausgegebenen Ausgabe von „Peace Love Liberty“ machte, oder in den nicht wenigen Essays dazu auf meinem Blog wie „Noch ist es zu früh für ein geeintes Europa“ oder „Warum wir eine liberale EU brauchen„. In meinem jüngsten Roman „Der Faschist“ ist gar ganz Europa der Schauplatz einer faschistischen Dystopie.

Europa und die europäische Vereinigung sind eines der zentralen Themen in meinem Denken und Schreiben. Nicht nur, weil ich mich selbst als Europäer sehe, sondern vor allem weil ich der europäischen Idee, der Vision der Europäischen Union als Garant für Frieden, Freiheit und Wohlstand, die auch auf die restliche Welt ausstrahlt, einen großen Wert zumesse. Doch nicht nur ein hoffnungsvoller Idealismus stehen hinter der Überzeugung vom europäischen Projekt, sondern auch die pragmatische Feststellung von dessen Notwendigkeit. Langfristig haben die europäischen Staaten keine andere vernünftige Möglichkeit, als immer enger zusammenzuarbeiten, wenn wir prosperieren und nicht untergehen wollen.

Anders als durch den Panzer der Einigkeit werden wir nämlich nur zum Spielball zwischen den sich neu bildenden Blöcken um die USA, Russland und China verkommen und aufgerieben, auseinandergerissen durch hybride Kriegsführung, Propaganda und Handelskriege. Anders als durch unsere vereintes geopolitisches Gewicht, werden wir nicht die Freiheit verteidigen können gegen die nach globaler Hegemonie lechzenden Tyrannei der Kommunisten Chinas. Anders als durch eine intensive gemeinsame wirtschaftliche Zusammenarbeit, werden wir uns nicht aus den wirtschaftlichen Schäden und Verwerfungen durch die Coronapandemie wieder herausarbeiten können. Anders als durch eine engmaschige sicherheitspolitische Kooperation werden wir nicht uns und unsere gemeinsamen Außengrenzen gegen die Massenmigration und militärischen Konflikte in Asien und Afrika schützen können. Anders wird Europa nicht mit Entwicklungshilfen und Friedensmissionen die instabilen Regionen der Welt stabilisieren und befrieden helfen können. Anders als mit der gemeinsam geballten Faust vernetzter Polizeibehörden werden wir nicht gegen den internationalen Terrorismus und die organisierte Kriminalität durchgreifen können. Ohne das Bündeln unserer Produktivkräfte und unseres Kapitals, werden wir nicht die dringend notwendigen Investitionen in innovative Technologie, Infrastruktur und Bildung für eine wettbewerbsfähige und nachhaltige europäische Gesellschaft tätigen können. Vor allem beim Letzteren gibt es Mammutprojekte zu stemmen wie die Entwicklung der Fusionstechnologie, die Dekarbonisierung, eine biotechnologische Revolution und die Erschließung des Sonnensystems und seiner Ressourcen durch Kolonien und Space-Mining. Um an diesen riesigen Vorhaben und deren Möglichkeiten teilhaben zu können und nicht von den USA und China abgehängt zu werden, müssen die europäischen Staaten sehr eng, abgestimmt und fokussiert zusammenarbeiten, um ihre Ressourcen zu bündeln. Werde wir dies versäumen, droht Europa langfristig auf ganzer Linie zu einem Konglomerat von Dritte Welt Ländern zu verkommen, so wie es das bereits im Bereich der Digitalisierung und Software bereits zu Teilen ist.

Ein neuer europäischer Patriotismus ist notwendig, sollen Europa und wir als ihre Kinder die Stürme dieses disruptiven Jahrhunderts nicht nur überleben, sondern erfolgreich meistern und bändigen. Nur mit einem patriotischen Verantwortungs- und Pflichtgefühl gegenüber unserer Gemeinschaft, ihren Institutionen und unseren sie  konstituierenden europäischen Mitbürgern werden wir aus den Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft stärker, geeinter in Wohlstand, Frieden, Freiheit und Sicherheit hervorgehen. Mit Patriotismus meine ich auch dediziert den aufgeklärten Patriotismus, den bereits Kant forderte, und den ich meinem Essay „Warum Nationalisten wie Trump und Farage keine Patrioten sind“ skizzierte, keinen stumpfen und toxischen Nationalismus. An dieser Stelle empfehle ich nur diesen Essay (erneut) zu lesen.

Es ist Zeit sich solidarisch die Ellbogen anzustoßen, den Tag unserer Gemeinschaft zu feiern und voller Tatendrang und Entschlossenheit in die Hände zu spucken und einer besseren, saubereren und reicheren Zukunft entgegenzuarbeiten.

 


Bild von PIRO4D auf Pixabay


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Nikodem

Nikodem Skrobisz, auch unter seinem Pseudonym Leveret Pale bekannt, wurde am 26.02.1999 in München geboren. Er ist als nebenbei als Schriftsteller tätig und hat bereits mehrere Romane und Kurzgeschichten publiziert, die meist philosophische und gesellschaftliche Themen behandeln. Er studierte Kommunikationswissenschaften, Psychologie, Philosophie sowie Sprachen und Literatur. Aktuell studiert er im Master Philosophie. Halbprivate Einblicke gibt es auf Instagram

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